Um sich ein Stück Musikliteratur halbwegs zuverlässig erarbeiten zu können, bedarf es eines Fingersatzes (auch Applikatur genannt). Eigentlich sollte man meinen, es gäbe für jedes Stück einen optimalen Fingersatz, denn schließlich haben die meisten Organisten nunmal nicht mehr und nicht weniger als fünf Finger an jeder Hand. Tatsächlich hängt der Fingersatz von einigen Parametern ab, wie beispielsweise den persönlichen Fertigkeiten bzw. Vorlieben, der angestrebten Interpretation et cetera.
Wolfgang Rübsam gibt einige Hinweise zum Thema »Hilfreiche und sinnvolle Fingersätze«:
- Er empfiehlt, sich vom zwanghaften Legato zu verabschieden. Das ist inzwischen auch meine Erkenntnis. Anfangs schreibe ich Fingersätze, die mir ein Anschlagen der Tasten ohne zeitliche Lücken ermöglichen. Je besser ich ein Stück verstehe, desto mehr stellt sich aber oft heraus, dass ein Legato in vielen Passagen gar nicht wünschenswert ist. Insofern kann man durchaus mal mit einem Finger von einer Taste zur anderen hüpfen. Recht wertvoll ist auch der Hinweis, dass ein Bindebogen nicht unbedingt ein Legato erfordert, sondern gegebenenfalls auch einen Spannungsverlauf darstellen kann.
- Die Empfehlung, stumme Fingerwechsel (Substitution) zu vermeiden, verblüfft mich. Meist wende ich diese Technik auf längeren Noten an, so dass man entspannt die Zeit dazu hat. Auf kürzeren Notenwerten mag ich sie aber zugegebenermaßen auch nicht.
- Ebenfalls verblüffend finde ich die Empfehlung, öfter mal die Finger zu überkreuzen statt den Daumen unterzusetzen. Tatsächlich habe ich das bereits ausprobiert (beispielsweise in einer Passacaille von Lully), fand es aber extrem unzuverlässig. Aber vielleicht liegt das bisher nur daran, dass ich diese Technik nicht gut beherrsche.
- Die ein oder andere Terzgrätsche (3-4, 4-5) findet sich durchaus an einigen Stellen in meinem Fingersätzen. Ich werde dankbar prüfen, ob ich sie eliminieren kann. Auf Terzläufe mittels 2-4, 1-5, 2-4, 1-5 möchte ich allerdings ungern verzichten – mir hilft das an einigen Stellen enorm.
- Meine Fingersätze stets zu hinterfragen praktiziere ich bereits seit längerem. Allerdings wirft mich das Ändern eines bereits gewohnten Fingersatzes auch erstmal wieder aus der Bahn. Das ist aber kein Argument, einen als suboptimal erkannten Fingersatz beizubehalten.
Als Autodidakt bin ich sehr dankbar für das Dokument, denn ich konnte einiges daraus mitnehmen. Und man findet allgemein ziemlich wenig Hinweise zu der Thematik im Netz.