Temperaturen im Laufe der Zeit

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Unser heutiges Tonsystem, das eine Oktave in 12 Halbtonschritte unterteilt, ist nicht perfekt. Stattdessen wohnt ihm ein kleiner Fehler inne. Wir hätten gerne, dass jeweils 12 Quinten und 7 Oktaven aufeinandergeschichtet die selbe Frequenz bzw. den selben Ton ergeben. Das ist jedoch nicht der Fall. Es entsteht eine kleine Differenz, die sich speziell bei Instrumenten mit festgelegten Tonschritten (Bünde, Tasten etc.) unangenehm bemerkbar macht. Die Differenz lässt sich mathematisch ausdrücken:

Seit langer Zeit versuchen die Instrumentenbauer, das pythagoräische bzw. syntonische oder auch didymische Komma durch verschiedene Stimmungssysteme möglichst gut auszugleichen. An manchen historischen Instrumenten findet man gar Subsemitonien, das heißt geteilte Obertasten, also mehr als 12 Tasten pro Oktave, wie beispielsweise zu finden an der Tastatur der Waller Kirche oder der Rekonstruktion einer norddeutschen Barockorgel in Örgryte, Göteburg.

Beim Spielen historischer Stücke lohnt es sich, nach Möglichkeit eine zum Stück passende Stimmung zu verwenden. Um die Auswahl zu erleichtern, hier eine kleine Übersicht.

Pythagoräische Stimmung

Die pythagoräische Stimmung bzw. quintreine Stimmung ist im Mittelalter (ca. 850 bis ca. 1550) auch auf Tasteninstrumenten gebräuchlich. Da 12 Quinten etwas größer sind als 7 Oktaven, besteht sie aus reinen Oktaven, 11 reinen Quinten und einer stark verkleinerten Wolfsquinte.

Reine Stimmung

Die reine Stimmung entsteht in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und findet sich in Renaissance sowie Barock. Sie nutzt für die Intervalle Frequenzverhältnisse kleiner ganzer Zahlen. Der Klang ist schwebungsfrei und nutzt neben den reinen Oktaven und Quinten der pythagoräischen Stimmung reine große Terzen. Um dies zu erreichen, werden allerdings zwei verschiedene Arten von Ganztönen in den Frequenzverhältnissen 9/8 und 10/9 eingeführt, die zusammen eine reine große Terz ergeben. Akkorde sind besonders rein, allerdings nicht in allen Tonarten.

Alternative Bezeichnungen sind natürliche oder harmonische Stimmung, englisch “Just Intonation”.

Mitteltönige Stimmung

Die mitteltönige Stimmung war von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert (Blüte ca. 1550-1750) eine vor allem für Tasteninstrumente gebräuchliche Stimmung. Sie besteht aus gleichgroßen Ganztönen, die dem Mittel aus großem und kleinem Ganzton entsprechen, sowie aus vielen reinen großen Terzen. Es handelt sich um eine fast reine Stimmung, allerdings nicht für alle Tonarten.

Mit einer mitteltönigen Stimmung lassen sich beispielsweise Orgelwerke von Dietrich Buxtehude authentisch wiedergeben.

Alternative Bezeichnungen sind Praetorianisch oder englisch Meantone.

Wohltemperierte Stimmung

Die wohltemperierte Stimmung ist eine Erweiterung der Mitteltönigen Stimmung, die ab Ende des 15. Jahrhunderts entsteht. Der Quintenzirkel wird dabei ohne Wolfsquinte geschlossen, wobei die Quinten allerdings gezielt unterschiedlich sauber gestimmt werden. Es entsteht (im Unterschied beispielsweise zu Johann_Georg_Neidhardt 1706) auch bei dieser Stimmung eine deutlich ausgeprägte Tonartencharakteristik. Weit verbreitet ist sie etwa zwischen 1700 und 1870. Bekannt sind beispielsweise eine Reihe von Stimmungen von Andreas Werckmeister, von denen Werckmeister III am bekanntesten sein dürfte. Johann Philipp Kirnberger entwickelt ab 1766 mehrere Stimmungen für Tasteninstrumente, von denen vor allem Kirnberger III an Orgeln häufiger zu finden war.

Englisch: Well temperament.

Gleichstufige Stimmung

Die meisten Instrumente werden heute in der gleichstufigen Stimmung gestimmt, die etwa seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt ist. Die Oktaven werden in zwölf gleich große Halbtonschritte unterteilt, die wiederum in Hunderstel unterteilt werden. Die Quinten sind nur geringfügig (1/12 Komma) verstimmt, was allerdings durch eine stärkere Unreinheit der Terzen (2/3 Komma) erkauft wird.

Alle Tonarten klingen gleichermaßen “unsauber” und können daher, auch innerhalb eines Werkes, vollkommen gleichberechtigt verwendet werden. Sie weisen aber eben auch keine individuellen Merkmale mehr auf.

Alternative Bezeichnungen sind gleichtemperierte oder gleichschwebende Stimmung, gleichschwebende Temperatur, englisch Equal Temperament oder 12-tone equal temperament.

Referenzen

orgel-info.de
organduo.lt
Wikipedia

Diplomarbeit Robert Schroeter