Category Archives: Organ Music

Techniken des (Orgel) Übens

Playing the piano

Aus verschiedenen Quellen suche ich derzeit einige Übetechniken zusammen, die ich zum Einsatz bringen möchte. Die meisten davon sind nicht instrumentenspezifisch.

Motivation

Wenn sich Menschen die Zeit nehmen, ein Musikstück zu hören, so möchten sie es genießen. Wenn ich der Instrumentalist bin, habe ich somit die Aufgabe übernommen, für genau diesen Genuss zu sorgen. Ohne diese starke intrinsische Motivation wüsste ich nicht, wie ich die enorme Energie zur harten Übearbeit aufbringen sollte.

Da ich mit dem Üben sehr viel Zeit verbringe, muss das Üben mindestens genauso viel Spaß machen wie hinterher die Aufführung. Den Übevorgang betrachte ich daher mittlerweile als willkommene Meditation in Stunden der Freizeit.

(Fern)ziel

Derzeit ist es ein enormer Unterschied, ob ich Jazz spiele oder barocke Literatur.

Bei ersterem spiele ich locker und unbeschwert. Ich habe eine Melodie, eine Harmonie oder eine Rhythmik im Kopf und mein Bewegungsapparat überträgt sie automatisch auf das Instrument. Währenddessen kann ich dabei zuhören und dadurch das Spiel kontrollieren.

Ziel ist es somit, auch die Literatur so gut einzustudieren, dass der Bewegungsapparat vollkommen automatisiert die Musik spielt, die in meinem Kopf abläuft. Es ist daher nur konsequent, dass es nicht nur im angelsächsischen Raum üblich ist, die Stücke komplett auswändig vorzutragen.

Jon Laukvik hat es sehr schön zusammengefasst:

Der Übeprozeß führt, spieltechnisch gesehen, vom bewußten Tun zum unbewussten Geschehenlassen.

Fragmente bilden

Eine der wichtigsten Techniken, die ich neuerdings anwende, ist das Zerlegen des Stückes in kurze Fragmente. Die Länge der einzelnen Fragmente wird natürlich vom Schwierigkeitsgrad des Stückes abhängen. Grundsätzlich dürfte aber eine Länge von vier bis acht Takten eine gute Richtgröße darstellen.

Jon Laukvik empfiehlt, die Fragmente überlappend zu bilden, damit auch gleich die Übergänge von einem zum nächsten mitgeübt werden kann.

Außerdem achte ich darauf, dass die Fragmente immer aus vollständigen Takten bestehen. Notfalls füge ich bei Auftakten Füllnoten ein, so dass ich das Fragment nahtlos in Schleife mehrfach hintereinander im korrekten Puls üben kann, ohne abzusetzen.

Die Konzentration lässt nach wenigen Durchläufen sehr schnell nach. Mehr als vier bis fünf Schleifendurchläufe pro Fragment übe ich daher nur noch in Ausnahmefällen. Stattdessen gehe ich zu einem anderen Fragment, dann zu einem weiteren, und komme dann wieder zum zuerst geübten zurück. Um das Kurzzeitgedächtnis zu überlisten wähle ich dabei inzwischen eine zufällige Reihenfolge der Fragmente, eine Technik, die ich in »Optimal üben« fand. Gleichzeitig achte ich darauf, jedes Fragment mehrmals pro Übesitzung zu üben, also nicht nur einen Durchlauf, sondern später erneut.

In mehreren Quellen fand ich auch die Empfehlung, die Fragmente vom Ende des Stückes her zuerst zu üben, da der Schlussteil andernfalls am wenigsten trainiert würde.

Fuß- und Fingersätze erarbeiten

Bei der Applikatur befinde ich mich in einer argen Zwickmühle. Zu Beginn des Übeprozesses weiß ich üblicherweise noch nicht, wie ich das Stück später einmal klingen lassen möchte. Also erarbeite ich erstmal einen Fingersatz, der ein weitestgehendes Legato ermöglicht. Dazu sind teils auch “Verrenkungen” wie Daumenuntersätze nötig. Jetzt beginne ich mit der Automatisierungsarbeit.

So wie ich das Stück besser kennenlerne, fange ich unter musikalischen Gesichtspunkten an, einzelne Noten kürzer als ihren Nennwert zu spielen, Ornamente wie Triller einzubauen und so weiter. Dadurch verändert sich leider der Fingersatz, der bereits automatisiert ist. Ich verliere also ein wenig des bereits geübten und muss es erneut automatisieren.

Ich gehe übrigens mit den “magischen Zahlen” im Notentext sparsam um. Fingersätze schreibe ich an Stellen, an denen eine Stimme einsetzt und an Stellen, bei denen der Fingersatz von der natürlichen Reihenfolge abweicht. Bei Daumenuntersätzen und Ähnlichem schreibe ich auch an die Note davor und danach den zu verwendenden Finger. Bei Trillern, die auf der Sekunde beginnen, schreibe ich den Finger in Klammern.

Langsam üben

Hieran versuche ich mich gerade zu gewöhnen – langsam üben. Jon Laukvik weist auf Seite 105 darauf hin, wie wichtig diese Technik für das Automatisieren der – korrekten – Bewegungsabläufe ist. Mir fällt es im Moment extrem schwer, das Tempo so stark zu drosseln. Laukvik empfiehlt übrigens auch im späteren Übestadium immer wieder mal langsam zu üben, sogar noch am Tag vor der Aufführung.

Mit Metronom üben

Ich habe viele Spieltische gesehen, aber sehr selten (wissentlich überhaupt nicht) ein Metronom. Sobald die Mechanik halbwegs läuft übe ich eine Weile mit Metronom. Ich habe dadurch immer wieder haarsträubende rhythmische Fehler ausmerzen können. Andererseits setze ich es auch schnell wieder ab, sobald ich mich sicher fühle, um mich nicht abhängig davon zu machen.

Übeaspekt wählen

Für jede Übesitzung sollte ich mich künftig für einen bestimmten Aspekt (ein “Ziel”) des Übervorgangs entscheiden. Zu Anfang der Erarbeitung eines Stückes wird es natürlich primär darum gehen, die richtigen Tasten zum richtigen Zeitpunkt zu drücken und wieder loszulassen. »Optimal üben« enthält allerdings eine Reihe von neuen Ideen für das fortgeschrittene Übestadium (wie beispielsweise verschiedene Variationen eines Fragmentes auszuprobieren), um die Spielsicherheit zu steigern.

Augen schließen, auswändig spielen

Je länger die Passagen sind, die man unabhängig von den Noten spielen kann, desto besser für den Fall, dass man beim Vortrag mal den Kontakt zu den Noten verliert. Vor kurzem habe ich daher begonnen, beim Wiederholen von Fragmenten gelegentlich die Augen zu schließen. Allerdings muss ich dabei höllisch aufpassen, mit dem vorhergesehenen Fingersatz weiter zu arbeiten, und nicht versehentlich einen anderen zu verwenden. Diese Technik darf ich daher nicht zu früh einsetzen.

Berg abbauen

Vor mir liegt sehr viel Arbeit, nämlich das Üben üben. Letztlich muss ich mein komplettes bisheriges Repertoire erneut üben, um es zuverlässig zu beherrschen. Denn ich muss sehr viele Dinge, die sich durch die beisherige mangelhafte Übetechnik eingeschliffen haben, wieder ausbügeln.

Ich bin gespannt, ob ich das durchziehen werde.

Weitere Quellen

Les Vespérales 2018

Yesterday the program of this year’s vespers, which is the 7th season BTW, was published. Once again we’ll travel to Wissembourg each sunday to listen to the outstanding sound of the Dubois organ. Thanks to all involved in the organisation of the events.

My worst performance ever

SAMSUNG CSC

Today I once again performed at the Dubois organ for some familiy members. Compared to 2015, 2016 and 2017, I felt relatively calm and well prepared. I played the program of about 35 minutes at home two days ago, yesterday, and one of the pieces this very morning at the target instrument. Not to mention the on-site practice sessions during the last couple of weeks.

Surprisingly, it turned into the worst performance I ever did – I lost contact to the sheet music two times. One time I had to resume the pièce, the other I finished a section a couple of bars earlier as intended. This very eve is the occasion to reflect what issues led to this situation.

  • Despite many practicing hours, I do not cope perfectly with the pieces yet.
  • The instrument is different than my practising instrument, so additional distractions happen every now and then.
  • The two points are based on my lack of professional practicing habits.

Interestingly, the pieces I play the longest failed most, whereas pieces I thought could fail worked better than expected. Here’s what I played this year:

  • Abraham van den Kerckhoven (1618-1702) – Cocquiel-Manuscript (1741) – Prelúdium & Fúga (en Ré mineur) – screwed up completely
  • Johann Pachelbel (1653-1706) – Chaconne (en fa mineur) – minor imperfections
  • Louis-Nicolas Clérambault (1676-1749) – Premier Livre d’Orgue – Suite du lle Ton (en sol mineur, 1710)
    • Plein Jeu – minor imperfections
    • Duo – minor imperfections
    • Basse de Cromorne – screwed up completely
    • Récit de Nazard – minor imperfections
    • Caprice sur les Grands Jeux – minor imperfections
  • François Couperin (1668 – 1733) – Messe a l’usage des Paroisses (en sol mineur, Paris 1690) – Benedictus (Chromhorne en taille)

Orgel, Oboe und Flöte am Weißenburger Instrument

Heute durften wir Pascal Reber (Orgel), Joëlle Stussi (Oboe) und Nathalie Cawdrey (Flöte) in Wissembourg hören. Hier das Programm:

  • François Couperin (1668-1733) – Messe pour les Paroisses – Offertoire sur les grands jeux
  • Giovanni Benedetto Platti (ca. 1697-1763) – Sonate en trio en Sol Majeur
  • Johann Sebastian Bach (1685-1750) – Schmücke dich, o liebe Seele (BWV 654)
  • Georg Philipp Telemann (1681-1767) – Sonate en trio en la mineur
  • Johann Gottfried Walther (1684-1748) – Concerto en si mineur
  • Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) – Sonate en trio en ré mineur

Die drei Musiker waren offensichtlich sehr gut vorbereitet und haben ein Konzert geboten, dass uns noch lange in bester Erinnerung bleiben wird.

Georg Böhm – Vater unser im Himmelreich

Im Bachwerkeverzeichnis sind drei Bearbeitungen des Luther’schen Chorals »Vater unser im Himmelreich« als BWV-760, BWV-761 und BWV-762 gelistet, wovon die ersten beiden inzwischen Georg Böhm zugeschrieben werden. Unter anderem hat Aldo Locatelli BWV-761 eingespielt.

Ich beschäftige mich derzeit mit BWV-760. Noten finden sich in einer weniger verzierten Fassung beispielsweise bei Breitkopf & Härtel als »Georg Böhm (1661-1733), Sämtliche Werke für Orgel« von Klaus Beckmann. Auch von Bernard Greenberg gibt es eine weniger verzierte Version auf musescore.com.

Zum anderen findet sich ebenfalls bei Breitkopf & Härtel »Georg Böhm (1661-1733), Sämtliche Werke für Tasteninstrumente« von Gesa (bzw. Johannes) Wolgast, die reich an Ornamenten ist. Das International Music Score Library Project bietet einen Scan der Ausgabe von 1927 an. Das Stück findet sich in Band 2 auf Seite 136. Menno van Delft hat das Werk an einem Instrument von Arp Schnitger ziemlich beeindruckend eingespielt.

Auf bach-cantatas.com finden sich verschiedene Melodiefassungen des Chorals, darunter ein Abzug des Werkes von Böhm, in dem die Melodietöne farblich hervorgehoben sind.

Die Pedalstimme besteht ausschließlich aus durchlaufenden Achtelnoten. Auch in der linken Hand finden sich viele Achtelnoten, die den Puls des Stückes stützen. Nur an wenigen Stellen finden sich ein paar Sechzehntelnoten. Die Solostimme der rechten Hand setzt am Ende des sechsten Taktes ein. Hier finden sich zahlreiche Ornamente wie Triller, Mordente, Vorschlagnoten und Umspielungen, die nicht einfach zu verstehen sind. Beim Üben kommt es sehr leicht vor, dass ich im Pedal – fast im wahren Sinne des Wortes – “aus dem Tritt” komme, also den durchlaufenden Puls verliere. Die Sechzehntelnoten interpretiere ich ternär – für mich ist das Stück ein gutes Indiz dafür, dass Notes inégales – »Die ungleichen Geschwister« auch den Komponisten im deutschen Sprachraum bekannt waren.

Ich bin gespannt, ob ich das Stück konzerttauglich hinbekommen werde.

Coping with a Basse de Cromorne of Louis-Nicolas Clérambault

About two weeks ago I wrote about the Duo of Clérambault, which I slowly but steadily try to master. Today I’ll discuss the Basse de Cromorne fo the Suite du deuxième ton.

I found some information in the book »Zur Interpretation der französischen Orgelmusik«. According to the table of page 27, I’ve chosen the following registration:

  • Grand Orgue: Jeu Doux (Bourdon 8′, Préstant 4′).
  • Positif: Bourdon 8′, Préstant 4′, Chromhorne.

On page 26, there are some cites on how to play such a piece. Some remarks:

  • A vivid playing is required for the bass solo, including clear articulation.
  • According to the typical rules of notes inégales, the eight notes should be played as such (»notes inégales applies to all notes moving stepwise which have a duration of one quarter the denominator of the meter, for instance, eighth notes in a meter of 2/2.«).
  • The fantastic effect of notes inégales quickly gets detroyed in case a piece is played to fast. And a vivid playing does not necessarily mean the tempo must be around 120 beats per minute. In Jon Laukvik’s book Orgelschule zur historischen Aufführungspraxis, Teil 1 – Barock und Klassik there’s another hint that the tempo in baroque times may well have been less of what we chose nowadays. I have thus chosen a tempo of about 60 BPM, which supports the next point as well.
  • Some contemporary organ players write that they tried to play the bass line like it was a Bassoon or a Viol. While playing, I try to imagine I was playing the latter one. As a consequence, I’ve added a couple of trills to my left but also the right hand playing.
  • A Non-Legato articulation lets the piece sound even more like a Viol or Bassoon.

I’m really content with the outcome of applying the abovementioned points. My interpretation sounds rather different than many other recordings I have listened to. The pieces of french organ masses are quite short. But nevertheless it is very rewarding to learn about the rules of that time so that one not only plays notes, but actually makes the music live.

Coping with a Duo of Louis-Nicolas Clérambault

About two months ago I wrote about the Plein Jeu of Clérambault, which I still didn’t master. Today I was at the Dubois organ at Wissembourg, which I’m allowed to play every now and then. One of the pièces I’m currently studying is the Duo of the very same mass (here’s a recording of a recital by Marie-Claire Alain, the Duo starting at 2′ 32″).

Many, if not any, french organ masses contain a Duo. The three characters tell the organist at couple of things:

  • The pièce consists of two voices, one in the left hand on the great organ, one in the right hand on the positif or Reçit.
  • Unlike the registrations of the other pièces of a french organ mass, there are two registrations known for Duos, one with labial stops only (with an emphasis on the thirds), another one with lingual stops (I found further information in the book Orgelschule zur historischen Aufführungspraxis, Teil 1 – Barock und Klassik of Jon Laukvik 2017, page 165).
  • Vivid playing.

All of this information is great, though I still had no clue how to interpret it. I got the essential hint by Bernhard Marx, who played at the Dubois organ in August of 2016. Unlike the other concerts, he also did the presentation. While announcing the mass of Grigny, he mentioned that the Duo is a dance. That was the crucial information I missed beforehand. Since then, I try to play the pièce as such. If it was a dance, I need to choose a matching tempo. I have to keep a steady beat so that the dancer is able to follow. Additionally, I can help the dancer by precisely articulating the notes and rhythmicity.

Unesco-Kulturerbe »Deutscher Orgelbau«

Es freut mich natürlich sehr, dass die United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, kurz Unesco, letzte Woche auf der Insel Jejudo (Südkorea) die deutsche Orgellandschaft als schützenswertes immaterielles Kulturerbe eingestuft hat (Kurzberichte gibt es unter anderem auf Spiegel Online und Zeit.de als auch einen Videobeitrag auf Tagesschau.de). Leider läuft der Link auf die Entscheidung derzeit ins Leere.

Mich würde allerdings interessieren, weshalb es die geographische Einschränkung gegeben hat, zumal Deutschland an der Entscheidung gar nicht beteiligt war. Orgelbau und -musik haben schließlich in ganz Europa eine lange Tradition.

Sebastian Küchler-Blessing an der Woehl-Orgel der Friedenskirche in Köln-Mülheim

Aufgrund des am heutigen ersten Advent einsetzenden Schneetreibens bin ich leider etwas später als geplant in Köln eingetroffen; ich wollte eigentlich noch schnell an unseren neuen Büros vorbeischauen.

Für das Konzert an der neuen Woehl-Orgel in der Friedenskirche hat es aber glücklicherweise gerade noch gereicht.
Sebastian Küchler-Blessing hat uns eine gute Stunde lang verwöhnt. Mit Johann Ulrich Steigleder bin ich bisher noch überhaupt nicht in Kontakt gekommen.

Die Improvisation war beeindruckend genug. Besonders überrascht war ich von der sauberen Rhythmik. Hier das Programm:

  • Johann-Sebastian Bach (1685-1750) – Fantasia g-Moll (BWV 542-1)
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 4. Coral im Discant. 4 Vocum.
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 14. Coral im Baß. 3 Vocum.
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 17. Coral im Discant. 3 Vocum.
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 32. Coral im Discant. 3 Vocum.
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 37. Coral im Discant. 4 Vocum.
  • Johann-Sebastian Bach (1685-1750) – Leipziger Choräle – Nun komm der Heiden Heiland à 2 Clav. e Ped. (BWV 659)
  • Johann-Sebastian Bach (1685-1750) – Leipziger Choräle – Trio super – Nun komm der Heiden Heiland à due Bassi e Canto fermo (BWV 660)
  • Johann-Sebastian Bach (1685-1750) – Leipziger Choräle – Nun komm der Heiden Heiland in Organo pleno. Cato fermo in Pedale (BWV 661)
  • Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Sonate VI d-Moll op. 65, Nr. 6 – Vater unser im Himmelreich – 1. Chorale – Andante sostenuto. Allegro molto
  • Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Sonate VI d-Moll op. 65, Nr. 6 – Vater unser im Himmelreich – 2. Fuga – Sostenuto e legato
  • Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Sonate VI d-Moll op. 65, Nr. 6 – Vater unser im Himmelreich – 3. Finale – Andante
  • Johann Ulrich Steigleder (1593-1635) – Tabulatur Buch darinnen daß Vatter unser (1627) – 40. Auff Toccata Manier
  • Sebastian Küchler-Blessing (1987) – Improvisation über zwei gegebene Themen

Am Intrument hat mich der für das kleine Gotteshaus recht üppige Umfang der Dispositin überrascht (im Pedal ist gar ein 32′-Burdon gelistet). Die Intonation ist glücklicherweise so ausgelegt, dass der Klang des Instrumentes den Raum füllt, aber von dezenter Lautstärke ist. Zusammen mit dem dezenten Nachhall passt das sehr gut.
Einzelne Register spucken ziemlich stark, für meinen Geschmack sind die Anblasgeräusche teils zu kräftig herausgearbeitet. Das ist aber immer davon abhänig was und wie man spielt.

Ein schönes Konzert an einem tollen Instrument. Würde ich nochmal nehmen :) .

Coping with a Plein Jeu of Louis-Nicolas Clérambault

In 1710 Louis-Nicolas Clérambault published a Livre d’orgue containing two suites (Suite du premier ton et Suite du deuxième ton) in the style of the french organ school. I’m working on a couple of pieces of the latter one. The first piece is a Plein Jeu which I’m playing for almost two years now, and I’m still not content with the outcome. This posting tells why.

At first sight, the piece is not that difficult to play. Just two pages of sheet music, partly even without pedaling, and only a couple of sixteenth notes. Actually I did not notice any issues until I mastered playing the piece mechanically and started interpreting it. What I was playing at that time just was sounding dull. It was obvious that the composer had things in mind I didn’t understand yet.

Speed

The piece is structured in four parts. It starts with the «Petit plein jeu au positif» (without pedaling), in bar ten it swaps to the «Grand plein jeu» (with the pedalboard joining in bar 13), back to positif in bar 22 and back in bar 32. A couple of things happen at the interfaces:

  • The keybed changes.
  • The time signature changes between “2” and the infamous alla breve.
  • The parts on the Positif are marked as «Gay»ment, the parts of the great as «Lentement» (or even «fort lentement» for the last couple of bars).

I was confused by the latter two points. Fortunately I found some additional information concerning french Plein Jeux in the book »Zur Interpretation der französischen Orgelmusik«. Beginning with page 14, Hans Musch cites several contemporary composers:

  • Nicolas Lebègue: «Le Prélude et Plein Jeu so doit toucher gravement, et le Plein Jeu du Positif légerement.»
  • André Raison: «Le grand plein jeu so touche fort lentement. […] Le petit plein jeu je se touche légèrement et le bien couleur.»
  • Jacques Boyvin and Gaspard Corrette both state the agility applied to the positif, e.g. by using trills.

After a lot of experimenting I’m currently using the following approach. I interpret the «2» of the positif as a time signature of 2/2. I use a speed of 56 beats per minute, which is equivalent to a speed of about 112 bpm in case the time signature was 4/4. And I interpret the alla breve of the grand plein jeu as a 4/4 using the very same pulse of 56 bpm. This actually means a bar of the grand plein jeu has twice the duration of a bar on the positif. This allows me to keep a steady pulse throughout the complete pièce while still playing the positif twice as fast as the grand plein jeu. This is exactly the opposite of what an organ player might do when only reading the sheet music.

Steady Pulse

A steady pulse, which guides the listener through a piece, is a very important aspect of a good interpretation. I try to keep the aforementioned tempo of 56 bpm throughout the piece, except for the last couple of bars. This is hindered by a couple of issues. One of the impediments are the trills (e.g. bars 1,2, and 22 ), another the rests before the sixteenths (e.g. bars 1, 2, 10, 16, 17, 18, 19). A further issue is the relative length of the sixteenth notes. Especially on the grand plein jeu, I tend to play the sixteenths way too fast. But the very same is valid for the quarter notes. Frankly, it actually is difficult to play the quarter notes as slow as necessary. I always feel like «Those can’t be that long».

I’m currently experimenting with a metronome to educate myself. Interestingly, I’m now playing the second petit plein jeux part (bar 22) much slower than before. And it is difficult. I do not intend to play the piece exacly like this, since Agogic is an important part of an interpretation. But for the moment it helps me to figure out a correct straightforward approach. It’s just the baseline before applying some deviations.

Notes inégales

In short, the piece sounds boring without them. Since the meter is even, notes inégales can be applied to the notes of one quater of the “denominator”. On the petit plein jeux, those are the eighth notes. But what about the grand plein jeu in alla breve?!? I only see one solution, which is applying notes inégales to the eigth notes on the main as well (e.g. bars 14 and 15).

The infamous last line

I had difficulties to bring the last line to life. Until I started to apply notes inégales to it as well, though the typical rules of notes inégales are not obviously visible. But they helped a lot. Beginning from the 2nd half of bar 42 until the end of the pièce, I have to count the triplets loudly to cope with this issue. But it’s well worth the effort. Since I treat the eigths notes as the thirds of a triplet, I get much better results. I keep it this way even during the ritardando of the last three bars. And I still apply them to the trill on the very last half note.

Plein Jeu, Grand Jeu – Grand Plein Jeu!

The french organ school of that time knows the Plein Jeu as the choir of principals (including mixtures), and the Grand Jeu as a combination of labial and lingual stops. As far as I know at the moment, they neither didn’t know of a Tutti nor a combination of the Plein Jeu with the Grand Jeu. The only exception I know of is the Plein Chant, a Plein Jeu with a 8′ Trompette added to the pedal.

The mistake I made was to interpret the term “Grand Plein Jeu” as the combination of a Plein and a Grand Jeu. Meanwhile I dismissed this practice. It just means the Plein Jeu of the great organ in contrast to the Plein Jeu of the positif. Note that a Plein Jeu also requires the positif to be coupled to the great organ.

Verdict

A lot of difficulties, well worth the effort. French organ masses consist of relatively short pièces. And every pièce is different of all others. Yes, it’s a lot of work to fiddle with the characteristics of all those short piéces. And this is what makes baroque french organ music different. There’s a lot of stuff densely packed into relatively short pièces. I’m deeply impressed what the musicians of that period have to offer. The longer I spend time coping with their music, the more I believe they anticipated jazz music – centuries before it was invented.

Rhythmik in der Orgelmusik – keine leichte Sache

Vor gut zwei Jahren habe ich mit dem Orgelspiel eine Jugendleidenschaft wiederbelebt. Der Einstieg lief, sicher auch aufgrund meiner Pianokenntnisse, besser als erwartet. Dennoch bedeutet es einiges an Arbeit, klassische Literatur auf dem Instrument zu erlernen. Mittlerweile kann ich zwar einige Stücke spielen, allerdings bisher eher leidlich. Einerseits muss ich noch an meiner (Übe)technik arbeiten (ich bin gespannt auf »Techniken des Orgelübens: Die kürzeste Verbindung zwischen Händen und Füßen ist das Gehör« von Barbara Kraus und André Isoir). Andererseits fehlt meinen Stücken noch der saubere rhythmische Fluss, so dass ein Zuhörer gegebenenfalls auch dazu tanzen könnte.

Der letzte Punkt mag überraschend klingen, da ja üblicherweise zur Orgelmusik nicht getanzt wird. Die diesjährige Saison der Vesperales an der Dubois-Orgel in Wissembourg hat uns aber eindrucksvoll zu Ohren gebracht, wie sehr eine gut gemachte Rhythmik (und damit meine ich keineswegs eine maschinenartige Perfektion) den Hörgenuss zu steigern vermag. Daher hat für mich ein durchlaufender Puls, gegebenenfalls mit passenden Beschleunigungen (Accelerando) und Verzögerungen (Ritardando), eine sehr hohe Priorität. Das schreibt sich allerdings viel leichter, als es umzusetzen ist.

Leider ist man als Organist meist auf sich alleine gestellt und erhält keinerlei Unterstützung durch eine Rhythmusgruppe oder andere Mitmusiker. Ich muss daher etliche Hürden nehmen, um meine Rhythmik zu verbessern.

  • Wenn ich an ein neues Stück gehe, suche ich Aufnahmen davon, die ich rhythmisch gelungen finde. Somit bekomme ich ein erstes Gefühl für das Stück.
  • Bevor ich meinen Fokus auf den rhythmischen Fluss richten kann, müssen bereits einige spieltechnische Hürden genommen sein. Ich muss das Stück also bereits ein Stück weit beherrschen.
  • Ich nutze jetzt ein Metronom. Einerseits entdecke ich dadurch Stellen, die ich technisch noch nicht gut genug beherrsche (ich bleibe hängen). Andererseits entdecke ich auf diese Weise (teils haarsträubende) rhythmische Mängel, die mir ansonsten niemals aufgefallen wären.
  • Ich setzte den Gebrauch des Metronoms wieder ab, sobald ich denke, dass die Schwachstellen allesamt ausgebügelt sind. Jetzt kann ich mich um die Agogik, die Variation des Tempos innerhalb des Stückes, kümmern.
  • Äußerst vorsichtig muss ich sein, wenn ich Ornamente (wie Triller, Vor- oder Nachschläge) spiele. Besonders dabei tendiere ich dazu, die betroffenen Noten unzulässig zu verlängern.
  • Bei Stücken, die mit sehr langgezogenen Noten beginnen, gehe ich die ersten Takte immer erst gedanklich durch, um das richtige Tempo zu treffen. Manchmal schreibe ich mir das Tempo auch in die Noten und nehme vor dem Spielen ein Metronom zur Hand, um das Tempo zu treffen. Unterlasse ich das, beginne ich üblicherweise zu schnell und werde dann plötzlich deutlich langsamer, sobald die kürzeren Notenwerte auftauchen. Anfangs erfordert es etwas Mut, den Noten den zeitlichen Wert einzuräumen, den der Komponist vorgesehen hatte. Doch es lohnt sich. Aufgefallen ist mir das vor allem bei zwei Stücken von Kerckhoven.
  • All diese Techniken helfen mir, das Stück schon ganz gut hinzubekommen. Letztendlich zählt jedoch nur, was beim Zuhörer ankommt. Könnte er wirklich dazu tanzen? Während des Spielens kann ich mir zwar ab einem bestimmten Reifegrad eines Stückes selbst zumindest ein Stück weit zuhören, aber ich bin noch immer zu stark mit dem Spielen des Stückes beschäftigt als dass ich wirklich ein gutes Gefühl für den Puls des Stückes bekomme. Ich nehme daher mein Spiel auf, höre es ab und markiere gegebenenfalls die Stellen in den Noten, an denen ich nachbessern muss. Übrigens habe ich durch diesen Schritt auch oft noch meine Registrierung angepasst. Am Spieltisch ist der Klangeindruck nunmal deutlich anders als auf den Plätzen des Publikums. So merke ich auch, ob ich manche Passagen noch weniger legato spielen sollte, da ein ausgeprägter Nachhall das Stück zu einem Klangbrei machen kann, aus dem der Zuhörer die rhythmische Struktur nicht mehr gut heraushören kann.
  • Insbesondere im absolutistischen Frankreich waren Notes inégales weit verbreitet. Die Anwendung ist nicht ganz trivial, aber es hat mein Spiel extrem bereichert. Wenn es dann noch gelingt, eine ganz leichte Inégalite auch auf deutsche Literatur zu übertragen, kann man auch hier dem ein oder anderen Sechzehntellauf zu einer besseren Wirkung verhelfen. Puristen mögen das ablehnen, allerdings gibt es Indizien dafür, dass auch deutsche Komponisten die Technik kannten. Ich bezweifle aber auch, dass sie in Kreisen der Aufführenden weithin bekannt waren.
  • Ein weiteres Hilfsmittel, das ich zugegebenermaßen selten einsetze, ist das laute Mitzählen. Die letzten Takte eines Plein Jeu von Clérambault brachte ich lange nicht zum Klingen. Bis ich Notes inégales zum Einsatz brachte. Das konnte ich nur lernen, indem ich die Triolen laut mitsprach (“Ein-und-die-zwei-und-die-…”).
  • Mittlerweile spiele ich viele Stücke oft deutlich langsamer als andere Organisten. Ich habe mich einmal gegen Ende einer längeren Übesitzung aufgenommen und war fast entsetzt. Ich spielte das Stück in einer Geschwindigkeit, die die Wirkung komplett veränderte. Speziell der Effekt von Notes inégales leidet unter zu hohem Tempo. Auch bei der Interpretation von Tempobezeichnungen der Komponisten versuche ich immer, den Kontext zu betrachten. Ein «Gayement» im Notentext bedeutet beispielsweise so viel wie »Lebhaft«. Das muss aber nicht unbedingt mit einer erhöhten Geschwindigkeit einhergehen. Ähnliches kann für ein mitten im Stück auftauchendes Alla Breve gelten. Obiges Plein Jeu beispielsweise beginnt auf dem Rückpositiv in einem zügigen 2/2-Takt. Der folgende Teil auf dem Hauptwerk ist mit einem Alla breve gekennzeichnet. Glücklicherweise wusste ich aus »Zur Interpretation der französischen Orgelmusik«, dass das Hauptwerk langsam, gebunden und getragen gespielt werden sollte. Alla breve bedeutet in diesem Kontext, dass der Puls gleichbleiben kann, aber im ersten Teil zwei Schläge pro Takt zu zählen sind, im zweiten vier. Faktisch dauert somit ein Takt im zweiten Teil doppelt so lange wie im ersten, nicht halb so lange.

Ob eine brauchbare Rhythmik leichter oder nicht so einfach zu bewerkstelligen ist hängt auch hochgradig vom Stück selbst ab. Unabhängig davon finde ich es äußerst hilfreich, ein gutes Gefühl für die Relation verschiedener Notenwerte zueinander zu haben. Das übe ich mit einfachen Mitteln. Ein Metronom (heutzutage in Form einer App auf einem digitalen Fernsprechgerät) und die Hände auf den Oberschenkeln reichen dazu vollkommen aus. Statt Metronom kann man natürlich auch ein geeignetes Musikstück der Lieblingband zugrundelegen. Über diesen Hintergrund übe ich dann die Pyramide nach Eddy Marron.

Wer dabei noch mehr Spaß haben möchte, kann natürlich auch mit Perkussionsinstrumenten arbeiten. Digitale Geräte, erhältlich etwa mit dem Roland Handsonic oder der Korg Wavedrum, sind nette Spielsachen. Allerdings läuft man dabei ob der verführerischen Klangvielfalt schnell Gefahr, das eigentliche Üben aus den Augen zu verlieren.

Jedesmal wenn ich ein Stück spiele, versuche ich noch etwas zu finden, das ich besser machen kann. Somit braucht es bei mir auch recht lange, bis ich das Ergebnis akzeptabel finde. Das erfordert Zeit und Geduld. Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich gerne das nächste Stück in Angriff nehmen möchte, obwohl die bisherigen noch lange nicht zufriedenstellend laufen. Für den Genuss der Zuhörer ist jedoch die Qualität der Wiedergabe entscheidend. Daher habe ich einige bereits angebrochene Stücke für den Moment komplett beiseite gelegt.

Der Notenanzeiger – zurück zum Papier

Von 2015 bis zum Sommer 2016 bestand mein Repertoire noch aus wenigen Stücken, die nicht länger als drei Seiten waren. Ich hatte sie ausgedruckt und nebeneinander aufs Notenpult gestellt. Das war zum Spielen praktisch, die Zettelwirtschaft erfordert früher oder später aber letztlich doch ein geeignetes Ablagesystem.

Inzwischen habe ich mich an drei längere Werke von sechs, acht und zehn Minuten gewagt. Die Noten bestehen jetzt aus deutlich mehr als drei Seiten. Ich habe die Stücke, nachdem die Fingersätze erarbeitet waren, ausschließlich mit einem Tablet, das annähernd A4-Größe bietet, gespielt. Es war initial nicht ganz einfach, eine funktionierende Werkzeugkette aufzubauen. Liegen die Noten aber endlich digital auf dem Tablett, komme ich bisher ganz gut damit zurecht. Vor allem bei längeren Werken finde ich das Umblättern am Tablet deutlich einfacher als physische Noten umzublättern. Allerdings gibt es immer wieder Noten, bei denen man weder mit Papier noch mit dem Tablet geeignete Stellen zum Blättern findet. Teilweise habe ich mittlerweile Stücke neu gesetzt, damit ich Einfluss auf diejenigen Stellen nehmen kann, an denen Umgeblättert werden muss.

Nach wie vor habe ich aber auch zwei- und dreiseitige Werke, bei denen es im Spielverlauf nahezu unmöglich ist, umzublättern. Das gilt vor allem für das Caprice sur les Grands Jeux von Clérambault, bei dem man mit dem Spielen derart beschäftigt ist, dass an ein Umblättern nicht zu denken ist.

Ich habe mir daher via epubli.de mein derzeitiges Repertoire in ein Büchlein drucken lassen. Zweiseitige Stücke liegen jetzt grundsätzlich auf einer Doppelseite, so dass Blättern komplett entfällt. Von dreiseitigen Werken habe ich nur die ersten beiden Seiten auf eine Doppelseite drucken lassen. Die dritte habe ich selbst ausgedruckt und mit Klebeband so eingefügt, dass ich sie zu Spielen ausklappen kann. Auch hier entfällt das Umblättern somit komplett.

Die längeren Werke habe ich auch in das Buch aufgenommen. Während ich aber mit dem Tablet so schnell blättern kann, dass der Spielfluss erhalten bleibt, gelingt mir das mit Papier überhaupt nicht. Ich werde also für längere Werke beim Tablett bleiben.

Obwohl ich ein Tablett mit ganz ordentlichem Display gefunden habe, ist der Kontrast des Druckwerkes, zumal das Papier matt ist und keinerlei Blend- und Spiegeleffekte auftreten, deutlich besser. Für einseitige Stücke werde ich daher ebenfalls beim Papier bleiben.

Michel Bouvard an der Dubois-Orgel in Wissembourg

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Das Konzert heute begann ausnahmsweise eine Stunde früher. Das Geschehen am Spieltisch wurde mittels dreier Kameras auf Großbildleinwand übertragen und somit für die Besucher sichtbar.

François Couperin veröffentlichte im Alter von rund zwanzig Jahren die «Pièces d’orgues». Die darin enthaltenen Stücke sind in zwei Messen gegliedert, die «Messe pour les paroisses» und die «Messe pour les convents». Michel Bouvard wies darauf hin, dass die Stücke stark vom kurz zuvor verstorbenen Jean-Babtiste Lully beeinflusst sind.

Er spielte letztere Messe komplett durch. Dank der Bildübertragung haben wir viel von seiner Spieltechnik mitbekommen können. Er erledigte alles, inklusive der häufigen Manualwechsel, vollkommen routiniert und sicher. Wir hatten den Eindruck, dass er die Stücke komplett verinnerlicht und daher gut durchdrungen hat.

Ich fühle mich in ein paar Dingen meiner eigenen Arbeit bestätigt:

  • Um die Musik zum Klingen zu bringen, muss man die Stücke wirklich gut verstanden haben. Es genügt nicht, sie technisch korrekt wiederzugeben.
  • Das Aufrechterhalten des rhythmischen Flusses beim Spielen eines Stückes trägt entscheidend zum Hörgenuss bei. Das gilt auch dann, wenn man Manualwechsel vornimmt.
  • Es lohnt sich, die Stücke langsamer zu spielen, als es oft gebräuchlich ist. Sie entfalten dadurch eine ganz andere Wirkung.
  • Um eine französische Messe zu spielen muss man nicht zwingend ein Tastenakrobat sein. Allerdings ist ein solider Fingersatz unabdingbar.

Zum Abschluss spielte er noch aus der «Messe des Paroisses» das «Cromorne en taille». Es ist ein ganz außergewöhnliches, melancholisches Stück.

Das war das sechste Konzert der diesjährigen Saison. Sie waren alle von hoher Qualität. Und das heutige wird uns besonders lange in Erinnerung bleiben.

The registration of a »Tambourine« on a baroque french pipe organ

The pipe organ can be seen as the very first attempt to create a synthesizer. Many organ stops are named after other instruments, and combinations of organ stops are used to imitate further ones. Composers wrote pieces to make use of those imitations, and organ players tried to play them in a manner so that the imitated instrument became more clear.

One of the more curious attempts are pieces to imitate the steady beat of a tambourine with the left hand, while the right plays some melody. One example is the Tambourin of Michel Corrette (1707 -1795), as found in his Deuxième Livre d’Orgue (1750). Here’s a recording of Marie-Hélène Geispieler. Sheet Music of this Tambourin piece is available via the International Music Score Library Project.

Concerning the registration, I found an example in the book »The registration of baroque organ music« by Barbara Owen, bottom of page 212. She writes that the melody shall be played on the Grand Orgue with the petit Bourdon of 4 feet, the Quarte (2?’?) and the Doublette of 2 feet. The left hand plays on the Positif using both 8 feet stops with the Larigot.

According to the instrument used, it may require to swap the keybeds. Appearently such pieces have mainly been intended to be used during Xmas.

Roland Lopes an der Dubois-Orgel in Wissembourg

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Roland Lopes war bereits am 5. August 2012 zu Gast. Schon damals spielte er einige selbst angefertigte Transkriptionen aus Opern von Jean-Baptiste Lully. Unter anderen befand sich darunter eine Passacaille aus der Oper «Armide», mit der ich mich inzwischen selbst angefangen habe zu beschäftigen.

Umso mehr freute ich mich auf das heutige Konzert. Neben Stücken von Bach und anderen gab es erneut einige Stücke von Lully, gespielt mit den typischen Registrierungen der französischen Orgeltradition.

Beeindruckend war vor allem die wunderbar klare Rhythmik. In den zahllosen Konzerten, die wir bisher in Weißenburg gehört haben, fehlte den Stücken oft der durchlaufende Puls. Heute war er, wie vor drei Wochen bei Claude Schnitzler, vorhanden.

Ein tolles Konzert.

Claude Schnitzler an der Dubois-Orgel in Wissembourg

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Claude Schnitzler hatten wir bereits letztes Jahr am selben Ort gehört. Dieses Jahr hatte er ausschließlich Stücke ausgewählt, die schon vor oder nicht allzu lange nach dem Bau des spätbarocken Instrumentes von 1766 komponiert wurden:

  • Johann Sebastian Bach (1685-1750) – Pièce d’Orgue en sol majeur (BWV 572)
  • Pierre du Mage (1674-1751) – Livre d’Orgue:
    • Plein Jeu
    • Fugue
    • Trio
    • Tierce en taille
    • Basse de Trompette
    • Récit
    • Duo
    • Grand Jeu
  • Louis Couperin (1626-1661) – Fantaisie des Duretez
  • Louis Marchand (1669-1732) – Troisième Livre – Dialogue sur les Grands Jeux
  • Eine unbekannte Zugabe

Er hat sie toll registriert und souverän wiedergegeben. Besonders beeindruckt hat mich, dass er auch auf die Rhythmik großen Wert gelegt hat, so dass man als Zuhörer immer den Puls der Stücke wahrnehmen konnte.

Ein tolles Konzert, das für mich mit zu den besten gehört, die wir in den vergangenen sechs Jahren an dem Instrument gehört haben.

Bezugsquellen für Noten klassischer Musik (speziell Orgel)

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Freie Notensatzprogramme und Internet demokratisieren und verändern auch den Notenmarkt. Es besteht deutlich weniger die Notwendigkeit, gedruckte Noten kaufen zu müssen – es sei denn, man sucht etwas Spezielles, das im Netz nicht zu finden ist. Die Stücke, die ich gerade übe, fand ich an verschiedenen Orten.

Erste Anlaufstelle ist sicher das International Music Score Library Project (imslp.org), auch wenn man seit kurzem zu einer Zwangswartepause gezwungen wird, bevor der Download startet. HIer findet man sowohl Scans von NOten mit ausgelaufenen Rechten als auch neu gesetzte Werke. Letzteres gibt es auch auf Mutopia.

Eine weitere tolle Anlaufstelle ist ePartitions – Chant et Orgue (inzwischen für unbestimmte Zeit offline).

Wer es lieber deutschsprachig mag, kann auf kostenlose-orgelnoten.de stöbern gehen.

Inzwischen zeige ich die Noten auch gleich elektronisch an. Komplett habe ich allerdings auf das Ausdrucken noch nicht verzichtet. Ich fühle mich nach wie vor mit einem physischen Backup in der Notentasche wohler als ohne.

Wer sich Stücke gerne anhören möchte, bevor er ans Einstudieren geht, wird neben den üblichen Plattformen vielleicht auch auf contrebombarde.com fündig.

Pièces de la Renaissance (Chanvrelin)

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Pascal Reber hatte 2012 und auch dieses Jahr unter anderem die »Pavanne d’Agleterre« aus der Sammlung von Claude Gervaise gespielt. Noten finden sich beispielsweise im International Music Score Library Project, allerdings gesetzt für Trompete und Orgel. Nur für Orgel gibt es das Druckwerk »Pièces de la Renaissance« von Chanvrelin. Eine Bezugsquelle ist Boeijenga Music aus Leeuwarden, woher ich mir ein Exemplar habe kommen lassen.

Bernhard Marx am Weißenburger Instrument

Am vergangenen Sonntag spielte Bernhard Marx die Vesperale an der Dubois-Orgel in Weißenburg. In der Woche zuvor hatte uns bereits Markus Uhl ausgiebig “verwöhnt”. Bernhard Marx konnte locker mithalten. Er übernahm auch selbst die (bilinguale) Moderation. Mit der Partita von Georg Böhm arbeitete er die verschiedenen Klangfarben des Instrumentes wunderbar heraus. Hier das Programm:

  • Nicolas de Grigny (1672-1703) – Hymne Veni creator spiritus (Reims 1699)
    • Hymne en taille à 5
    • Fugue à 5
    • Duo
    • Récit de Cromorne
    • Dialogue sur les Grands Jeux
  • Georg Boehm (1661-1733) – Sieben Variationen der Partita
    »Ach wie nichtig, ach wie flüchtig ist der Menschen Leben«
  • Johann Sebastian Bach (1685-1750) – An Wasserflüssen Babylon (BWV 653)
  • Vincenzo Petrali (1870-1937) – Pastorale per l’Elevazione
  • Vincenzo Petrali (1870-1937) – Versetto per il Gloria
  • Anna Katharina Winteler (1810-1860) – Alpenrosen-Polka Am Buehl (1851)

Insgesamt hat die Qualität der Konzerte in den vergangenen fünf Jahren deutlich angezogen. So wie ich selbst im Moment als Amateur spiele hätte ich mir in den ersten zwei bis drei Jahren noch zugetraut, mit dem ein oder anderen Organisten in Wettbewerb zu treten. Spätestens seit diesem Jahr hat mich die Demut wieder deutlich eingeholt.

Markus Uhl am Weißenburger Instrument

Heute Nachmittag spielte Markus Uhl die Vesperale an der Dubois-Orgel in Weißenburg.

Als ich das “bachlastige” Programm sah war ich ein wenig enttäuscht, denn das Instrument französischer Bauart eignet sich hierfür nicht sonderlich gut. Wir wurden eines besseren belehrt. Um es mit den Worten des Moderators zu sagen: Markus Uhl hat uns verwöhnt. Da passte einfach alles. Spieltechnik, saubere Rhythmik mit genügend Elastizität wider die automatenhafte Wiedergabe, Gefühl für die Musik bzw. die Stücke, und nicht zuletzt eine beeindruckende Registrierung durch die alle Stimmen sauber durchkamen. Der Mann weiß, was er kann. Das drückte sich unter anderem dadurch aus, dass er auch nicht vor der Triosonate zurückschreckte und ferner eine barocke französische Messe als Improvisation spielte. Auch hier passte alles – Registrierung, Rhythmik (inklusive Notes inégales), Stil.

Wahnsinn. Hier das Programm:

  • Johann Sebastian Bach – Prélude en Sol Majeur (BWV 541.1)
  • Johann Sebastian Bach – Sonate en Ut Majeur (BWV 529) – Allegro, Largo, Allegro
  • Markus Uhl – Suite française improvisée sur le thème «Wer nur den lieben Gott lässt walten»
    1. Plein Chant (ein Plein Jeu, jedoch mit Trompette als Cantus Firmus im Pedal)
    2. Trio
    3. Duo
    4. Tierce en taille
    5. Basse de trompette
    6. Flûtes
    7. Grands Jeux
  • Wolfgang Amadeus Mozart – Œuvre pour orgue mécanique – Andante en Fa Majeur
  • Johann Sebastian Bach – Fugue en Sol Majeur (BWV 541.2)

Das war auf jeden Fall eines der besten, wenn nicht gar das beste Konzert dass ich in den vergangenen fünf Jahren an dem Instrument gehört habe. Und plötzlich klingt auch ein Bach wieder erfrischend, spannend und inspirierend. Somit wird es Zeit, dass ich mir auch mal einen “draufschaffe”. Es war schlicht kein Vergleich zu den Darbietungen auf deutschen gleichschwebend gestimmten Instrumenten aus den 1970er Jahren mit nahezu perfekt konstantem Luftdruck. Die Bach’schen Orgelwerke sind wirklich toll, vor allem wenn sie nicht “abgewetzt” daherkommen.

Herzlichen Dank an Markus Uhl. Schön dass es solche Musiker gibt.